Stammzelltypen und ihre derzeitige Verwendung
Stammzellen sind das natürliche "Reservelager" des Körpers, mithilfe dessen er spezialisierte Zellen, die verbraucht oder geschädigt sind, ersetzt. Wir alle tragen Stammzellen in uns. Sogar in dieser Sekunde sind die Stammzellen in Ihrem Knochenmark dabei, die 100.000 Millionen neuen Blutkörperchen zu produzieren, die Ihr Körper tagtäglich benötigt!
Damit der Körper funktioniert, muss er ständig neue Zellen produzieren. Manche spezialisierte Zellen wie Blutkörperchen und Muskelzellen sind nicht in der Lage, durch Zellteilung Tochterzellen zu produzieren. Um sie zu erneuern, verwendet der Körper daher Stammzellen.
Stammzellen haben die einzigartige Fähigkeit, bei jeder Teilung sowohl Kopien von sich selbst (Selbsterneuerung) als auch andere spezialisiertere Zelltypen (Differenzierung) zu produzieren. Stammzellen sind daher unverzichtbar für die Erhaltung von Organen und Geweben wie das Blut, der Haut und des Darms, die sich ständig erneuern (Zellersatz), sowie der Muskeln. Muskeln werden bei körperlicher Anstrengung oft geschädigt, und müssen je nach Anforderungen an den Körper aufgebaut werden.
Stammzellen sind nicht spezialisiert. Im Gegensatz zu einem Blutkörperchen, das den Sauerstoff im Blut transportiert, oder einer Muskelzelle, die im Zusammenspiel mit anderen Zellen Bewegung erzeugen kann, hat eine Stammzelle keine spezialisierten physiologischen Eigenschaften.
Stammzellen können sich immer wieder teilen und identische Kopien von sich selbst erzeugen. Dieser Vorgang heißt Selbsterneuerung und findet während der gesamten Lebensdauer des Organismus statt. Die Selbsterneuerung ist das definierende Merkmal von Stammzellen. Spezialisierte Zellen wie Blutkörperchen und Muskelzellen vervielfältigen sich normalerweise nicht. Wenn sie durch Krankheit oder Verletzung schwer beschädigt sind, können sie sich nicht mehr erneuern.
Stammzellen können sich auch teilen und spezialisiertere Zelltypen bilden. Dieser Vorgang heißt Differenzierung. Je nach Gewebe, aus dem sie stammen, und je nach Entwicklungsstadium können sie eine bestimmte Anzahl und bestimmte Zelltypen bilden. Man geht davon aus, dass das Potential einer Stammzelle zur Bildung eines beliebigen Zelltyps im Körper im Zuge der Entwicklung des Organismus laufend abnimmt.
Stammzellen können helfen die Entwicklung von Organismen zu erforschen
Stammzellen können uns helfen zu verstehen, wie sich aus einer befruchteten Eizelle ein komplexer Organismus entwickelt. Im Labor können Wissenschaftler beobachten, wie sich Stammzellen teilen und sich immer weiter in Haut‑, Knochen‑‑, Gehirn‑‑ und andere Zelltypen spezialisieren. Wenn wir die Signale und Mechanismen erkennen, die darüber entscheiden, ob eine Stammzelle sich immer weiter vervielfältigt oder sich in einen spezialisierten Zelltyp differenziert (und in welchen), dann können wir besser verstehen, wie die normale Entwicklung gesteuert wird.
Einige der schwersten Krankheiten, etwa Krebs und Fehlbildungen, sind auf eine anormale Teilung und Differenzierung der Zellen zurückzuführen. Wenn wir die genetischen und molekularen Steuerungsmechanismen dieser Prozesse besser verstehen, könnten wir Erkenntnisse darüber gewinnen, wie solche Krankheiten entstehen, und neue Therapien entwickeln. Das ist ein wichtiges Ziel der Stammzellenforschung.
Stammzellen sind in der Lage, beschädigte Zellen zu ersetzen und Krankheiten zu bekämpfen
Diese Fähigkeit wird bereits bei schweren Verbrennungen eingesetzt, aber auch, um das Blutsystem bei Patienten mit Leukämie und anderen Blutkrankheiten wiederherzustellen.
Stammzellen könnten zudem der Schlüssel für den Ersatz von Zellen sein, die bei anderen schweren Krankheiten zerstört werden, für die es derzeit noch keine nachhaltige Heilung gibt. Bislang werden häufig Gewebe und Organe von Spendern für die Ersetzung beschädigter Organe verwendet. Es werden jedoch weitaus mehr transplantierbare Gewebe und Organe gebraucht, als zur Verfügung stehen. Wenn Stammzellen zur Differenzierung in bestimmte Zelltypen angeregt werden können, bieten sie die Möglichkeit einer erneuerbaren Quelle von Ersatzzellen und ‑gewebe, um Krankheiten wie Parkinson, Schlaganfälle, Herzerkrankungen und Diabetes zu behandeln. Diese Aussicht ist vielversprechend, dennoch gibt es erhebliche technische Hürden, die erst mithilfe jahrelanger, intensiver Forschung überwunden werden können.
Stammzellen können für die Erforschung von Krankheiten verwendet werden
In vielen Fällen ist es schwierig, die Zellen, die durch eine Krankheit beschädigt wurden, zu isolieren und im Detail zu erforschen. Stammzellen, die das Krankheitsgen tragen oder denen Krankheitsgene eingepflanzt wurden, bieten eine praktische Alternative. Mithilfe von Stammzellen könnten Wissenschaftler den Verlauf einer Krankheit an Modellen im Labor beobachten und erkennen, welche Entwicklungen fehlgeleitet sind.
Stammzellen könnten Material für Tests von neuen medizinischen Therapien liefern
Die Sicherheit neuer Medikamente könnte auf spezialisierten Zellen, die in großen Mengen von Stammzellenlinien gewonnen werden, geprüft werden – somit wären weniger Tierversuche notwendig. Andere Arten von Zelllinien werden auf diese Art und Weise bereits verwendet. So werden etwa Krebszelllinien für die Untersuchung möglicher Anti-Tumor-Arzneimittel verwendet.