Die Parkinson-Krankheit: Wie können Stammzellen helfen?

Die Parkinson-Krankheit betrifft Millionen Menschen weltweit. Man kann zwar die Symptome behandeln, eine Heilung ist jedoch bislang nicht möglich. Die Forschung beschäftigt sich mit der Frage, wie man die regenerative Medizin und die Stammzellforschung einsetzen könnte, um die Krankheit zu behandeln oder zu verhindern.

Zittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor) und andere Symptome der Parkinson-Krankheit (PD) werden hauptsächlich durch das Absterben von Dopamin-produzierenden Nervenzellen (Neuronen) im Gehirn verursacht. Betroffen sind Dopamin-produzierende Neuronen im gesamten Gehirn, aber die ‘Substantia Nigra’ ist primär die Region des Gehirns, in der Neuronen verschwinden.

Menschen, die unter PD leiden, produzieren häufig abnormale Proteinklumpen im Gehirn, die als Lewy-Körperchen bezeichnet werden. Diese Klumpen bestehen aus dem Alpha-Synuclein Protein.

Levodopa (L-DOPA) ist das Medikament, das hauptsächlich zur Behandlung von PD eingesetzt wird. Levodopa wird im Gehirn in Dopamin umgewandelt und kompensiert dort die Wirkung der verloren gegangenen Dopamin-produzierenden Neuronen.

Etwa 5% Prozent der Menschen mit PD haben erbliche Genmutationen, die mit PD in Verbindung gebracht werden. Forscher untersuchen nun in klinischen Studien, Tier- und Zellmodellen, was PD in den anderen 95% der Patienten verursacht.

In früheren Studien hat die Transplantation junger Gehirnzellen von menschlichen Föten in Menschen mit PD viel versprechende Resultate gezeigt. Die derzeitige TRANSEURO Studie untersucht erneut diese Behandlungsmethode, um Nebeneffekte zu minimalisieren und die Effizienz zu bestimmen.

Wissenschaftler können unterdessen auch Dopamin-produzierende Neurone sowohl aus menschlichen embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) als auch aus menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) herstellen. Neuronen, die aus menschlichen ES- und iPS-Zellen erzeugt wurden, reifen zu menschlichen Dopamin-produzierenden Neuronen aus, überleben und funktionieren nach Transplantation in Maus-, Ratten- und Affenmodelle von PD.

Alpha-Synuclein und viele andere Proteine, die durch Gene kodiert werden, die mit PD in Verbindung stehen, sind noch unzureichend erforscht. Diese genetischen Formen von PD machen immer noch nur einen kleinen Teil der Patienten aus. Das erschwert die Ergründung der genauen Ursachen der Parkinson-Krankheit.

Obwohl die Medikamente, die für die Behandlung von PD zur Verfügung stehen, sehr nützlich sind, verlieren sie ihre Wirksamkeit nach mehreren Jahren und wenn die Krankheit fortschreitet. Stammzellbehandlungen bieten potentiell die Möglichkeit, Neurone, die im Krankheitsverlauf zugrunde gegangen sind, durch neue Neuronen zu ersetzen. Stammzellbehandlungen, die auf die Verwendung von menschlichen ES- und iPS-Zellen basieren, sind bisher noch nicht für die Behandlung von PD beim Menschen zugelassen, die ersten klinischen Studien werden jedoch voraussichtlich 2018 beginnen. Versuche in Tiermodellen für PD haben gezeigt, dass menschliche Dopamin-produzierende Neurone aus ES- und iPS-Zellen ungefährlich, effektiv und den ursprünglich menschlichen nigralen Neuronen ähnlich genug sind. Jedoch muss erst noch belegt werden, dass diese Zellen auch für Menschen mit PD sicher und vorteilhaft sind, bevor sie breite Anwendung finden.

Neurons grown from embryonic stem cells

Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, mangelt es an Dopamin. Dieser chemische Botenstoff überträgt Informationen in die Bereiche des Gehirns, die für die Kontrolle von Bewegungsabläufen und einigen Formen des Denkens verantwortlich sind. Bei der Erkrankung sterben Dopamin-produzierende Nervenzellen (Neuronen) in einem Bereich des Gehirns ab, der als Substantia nigra bezeichnet wird. Zudem wirkt sich die Krankheit auch auf andere Nervenzellen im Gehirn aus, was einige der anderen Merkmale der Parkinson-Krankheit erklären kann, wie z.B. Schlaf-, Motivations- und Denkprobleme. Außerdem besteht ein Zusammenhang zwischen Parkinson und der Bildung von Klumpen im Gehirn, die aus dem Protein Alpha-Synuclein bestehen. Diese abnormalen Proteinklumpen heißen Lewy-Körperchen.

Mit dem Absterben der Dopamin-produzierenden Nervenzellen entwickeln Parkinson-Patienten ein Zittern (Tremor) und Muskelsteifheit (Rigor), und ihre Bewegungen verlangsamen sich. Mögliche Symptome sind auch ein Verlust des Geruchsinns, Schlafstörungen, Depression und Darmträgheit. Einige Parkinson-Patienten entwickeln in späteren Stadien eine Demenz, wenn sich die Krankheit auf andere Nervenzellen ausbreitet.

Die Ursache der Parkinson-Krankheit ist der Wissenschaft nach wie vor nicht bekannt. In etwa einem von zwanzig Fällen liegt die Ursache in einer vererbten genetischen Störung, welche die Produktion des Proteins Alpha-Synuclein betrifft. Was die Ursache bei den verbleibenden 95 Prozent der Fälle ist, ist nicht bekannt. Meist sind über 40-Jährige betroffen, die Krankheit kann aber auch bei jüngeren Menschen auftreten. Männer haben ein höheres Erkrankungsrisiko als Frauen. Teilweise hat die Forschung eine Verbindung zu Pestiziden nachgewiesen, während Rauchen und Kaffeekonsum das Erkrankungsrisiko aus unbekannten Gründen zu senken scheinen.

Zur derzeitigen Behandlung der Parkinson-Krankheit gehört der Wirkstoff Levodopa, der in den 1960er Jahren entdeckt wurde. Er wird im Körper zu Dopamin umgewandelt und gleicht den Dopaminmangel aus, den der Verlust der Dopamin-produzierenden Neuronen verursacht. Andere Wirkstoffe ahmen die Wirkung von Dopamin nach und stimulieren so die Nervenzellen. Auch Ergotherapie, Physiotherapie, eine gesunde Ernährung und Sport sind Bestandteile der Behandlung. Chirurgische Maßnahmen wie die tiefe Hirnstimulation mit implantierten Elektroden werden zur Behandlung weiter fortgeschrittener Symptome eingesetzt. Sie findet besonders bei den Fällen Anwendung, in denen die Medikamente wenig Wirkung zeigen.

Diese Behandlungen lindern zwar die Symptome der Parkinson-Krankheit, können die Schädigung der Nervenzellen im Gehirn jedoch weder rückgängig machen noch sie verlangsamen. Trotz der Behandlung verstärken sich die klinischen Symptome häufig mit der Zeit. Wenn die Diagnose gestellt wird, besteht die Krankheit oft schon seit Jahren und mehr als die Hälfte der nigralen Dopamin-produzierenden Zellen ist verloren gegangen. Untersuchungen für eine frühere Diagnose der Erkrankung könnten helfen. Dennoch wird auch nach einer Möglichkeit geforscht, die geschädigten Zellen zu ersetzen.

Die Ursache der Parkinson-Krankheit ist zwar unbekannt, nicht aber die betroffenen Zellen und Hirnbereiche. Wissenschaftler verwenden bereits Stammzellen, um im Labor Dopamin-produzierende Nervenzellen zu züchten und die Krankheit daran zu erforschen. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen eine genetische Ursache für die Erkrankung bekannt ist. Da ein einzelner, klar definierter Zelltyp betroffen ist, könnte auch die Möglichkeit bestehen, die verloren gegangenen Nervenzellen durch gesunde zu ersetzen und die Krankheit so zu behandeln.

Verlorengegangene Zellen ersetzen
Ärzte und Wissenschaftler sind der Ansicht, dass eine Zellersatztherapie möglich ist, und berufen sich dabei auf die Ergebnisse von Transplantationsstudien, die in den 1980-90er Jahren durchgeführt wurden. Insbesondere haben Wissenschaftler aus Schweden, den USA und Kanada sich entwickelnde nigrale Dopamin-produzierende Neuronen von menschlichen Föten in Tiere und in Patienten mit Parkinson-Krankheit transplantiert und erzielten damit teils wesentliche, teils jedoch nur mäßige Verbesserungen. Diese ersten Studien führten zu größeren Studien, die bei einigen Patienten, die solche Transplantate erhielten, einige Nebenwirkungen in Form von unwillkürlichen Transplantat-induzierten Bewegungen berichteten - ähnlich denen, die bei vielen Patienten mit Langzeit-L-Dopa-Behandlung beobachtet wurden. Die Grundlage für diesen Effekt wird noch diskutiert, kann jedoch ihre Ursache in der Transplantation von Nicht-Dopamin-produzierenden Zellen haben, die in menschlichen fötalen Mittelhirn-Transplantaten gefunden werden. Zusätzlich wurde festgestellt, dass einige Patienten auch eine PD-Pathologie in ihren Transplantaten entwickelt haben, obwohl die Transplantate weniger als 20 Jahre alt sind. Dies hat zu der Vermutung geführt, dass die PD einen Prozess der Ausbreitung der Krankheit durch die Übertragung von abnormalen Formen von Alpha-Synuclein von einer Nervenzelle zur anderen beinhalten kann.

Eine neue Studie, TRANSEURO, befasst sich erneut mit fötalen menschlichen Dopamintransplantaten und zielt darauf ab, Fragen der konsistenten Wirksamkeit anzusprechen und die Nebenwirkungen der unwillkürlichen Transplantat-induzierten Bewegungen zu vermeiden. Diese neue Studie wird eine neue klinische Studie beinhalten.

Wissenschaftler sind optimistisch, dass durch die Einführung von jungen Zellen in das Gehirn die Parkinson-Krankheit besser behandeln werden könnte. Es steht jedoch nicht genug fötales Gewebe zur Verfügung, um die große Zahl von Menschen mit Parkinson zu behandeln. Zudem wirft die Verwendung von Föten ethische Fragen auf. Gleichzeitig betrachten sie Stammzellen als alternative Quelle neuer Dopamin-produzierender Zellen für Parkinson-Patienten:

  • Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) können dazu gebracht werden, Dopamin-produzierende Neuronen zu bilden, die man den Patienten transplantieren würde. Im Labor hat man Dopamin-produzierende Neuronen sowohl aus embryonalen Stammzellen von Mäusen als auch von Menschen hergestellt. Es wurde kürzlich gezeigt, dass die menschlichen Zellen ähnliche Wirkungen wie die fötalen Zellen in einem Rattenmodell der Parkinson-Krankheit haben.
  • Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) können im Labor aus ausdifferenzierten Hautzellen der Patienten hergestellt und dann zur Bildung Dopamin-produzierender Neuronen verwendet werden. Jüngste Studien an Ratten- und Affenmodellen von PD haben gezeigt, dass von iPS-Zellen abgeleitete Dopamin-produzierende Neuronen überleben und mit guten Ergebnissen ausreifen.

Die Krankheit verstehen und neue Medikamente entwickeln
Die Transplantation ist nicht die einzige Anwendungsmöglichkeit für Stammzellen. Die Wissenschaftler stellen iPS-Zellen aus Zellen von Parkinson-Patienten her und züchten im Labor aus diesen Stammzellen erkrankte Neuronen. Diese Neuronen sind von großem Wert, denn an ihnen kann man die Mechanismen der Parkinson-Krankheit untersuchen und Substanzen prüfen, aus denen möglicherweise neue Medikamente entwickelt werden können.

Die Entwicklung der Stammzelltherapie bei der Parkinson-Krankheit befindet sich noch in der Anfangsphase der Entwicklung eines klinischen Produkts. Zu den wichtigsten Fortschritten der letzten Zeit zählen die Arbeit an Methoden zur Herstellung Dopamin-produzierender Neuronen im Labor, die Erforschung von Möglichkeiten zur Erhöhung der Wirksamkeit von Transplantaten und zur Vermeidung von Nebenwirkungen sowie Studien zur Untersuchung der Krankheitsmechanismen und wie Zellen bei der Entwicklung neuer Medikamente helfen können, das Fortschreiten der Krankheit zu stoppen.

Forschungsthema Zellersatz: Beispiele aus jüngster Zeit
Wissenschaftler, die sich auf die Gewinnung von Dopamin-produzierenden Neuronen aus Stammzellen für Zellersatzstrategien konzentrieren, haben kürzlich ein Konsortium gebildet, um Fachkenntnisse und Information zwischen den Teams auszutauschen und so eine sichere und effektivere Zelle für klinische Studien zu gewinnen. G-FORCE PD ist der Name dieses Konsortiums, das aus führenden Wissenschaftlern des Feldes aus Japan, Schweden, Großbritanien und USA besteht.

Forschungen an Tiermodellen von PD haben bisher gezeigt, dass menschliche Dopamin-produzierende Neurone, die aus ES- und iPS-Zellen hergestellt wurden, in den gewünschten Zelltyp ausreifen, im Tiermodell von PD in Dopamin-produzierende Neurone ausreifen und wie solche funktionieren und, was noch wichtiger ist, kein Bestreben gezeigt haben, übermäßiges Wachstum zu verursachen. Kürzlich konnte zudem gezeigt werden, dass im Labor hergestellte Dopamin-produzierende Neurone fast identisch mit denen des menschlichen Fötus sind. Es gibt Protokolle, die es ermöglichen, eine große Anzahl dieser menschlichen Dopamin-produzierenden Neuronen in sehr präziser Weise aus ES-Zellen herzustellen – was zu einer reineren Population von klinischen Zellen für klinische Studien führt.

Durch das Teilen der Ergebnisse, besteht die Hoffnung, so bald wie möglich eine Reihe von klinischen Studien mit ES- und iPS-Zellen beginnen zu können, ohne die Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit der Zellen, die für die ersten klinischen Studien produziert werden, zu gefährden.

Krankheit und Arzneimittelforschung: ein Beispiel aus jüngster Zeit

Wissenschaftler verwenden iPS-Zellen zur Untersuchung der genetischen Ursachen für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Parkinson zu erkranken. Eine Forschergruppe um Tilo Kunath beschäftigt sich in Edinburgh, Großbritannien, mit diesem Thema und verwendet dazu iPS-Zellen, die von einer Mutter und ihrer Tochter mit einer bekannten genetischen Ursache von PD stammen. Die Mutter hat Parkinson, die Tochter hat die genetische Veranlagung jedoch nicht geerbt. Die Forscher vergleichen die Fähigkeit der jeweiligen iPS-Zellen, Neuronen hervorzubringen, und untersuchen diese Neuronen genau. Auf diese Weise hoffen sie, mehr über die Mechanismen der Krankheit herauszufinden und neue Medikamente zu finden, um sie zu behandeln.

Bisher gibt es keine Stammzelltherapie für die Parkinson-Krankheit, die für den Einsatz am Menschen zur Verfügung steht. Es wurden bedeutende Schritte in den letzen Jahren unternommen, so dass die ersten klinischen Studien 2018 beginnen sollten. Fürs Erste stehen die Wissenschaftler insbesondere vor folgenden Aufgaben:

  • Es ist herauszufinden, wie man Neuronen in ausreichender Zahl und nach ausreichend hohen Sicherheitsstandards züchten kann, um Patienten damit zu behandeln.
  • Es ist zu zeigen, dass Neuronen aus Stammzellen bei Menschen mit Parkinson-Krankheit sicher zu verwendet sind.
  • Es sind die gleichen ermutigenden Ergebnisse in klinischen Studien zu zeigen, die an Tiermodell für PD beobachtet wurden.
  • Es ist genau festzulegen, auf welche Weise und wohin die Zellen zu transplantieren sind, damit sie im Gehirn ohne Nebenwirkungen ihre Aufgabe erfüllen.

Dieses Informationsblatt wurde von Lou Robson erstellt.

Überprüft im Jahr 2014 von Tilo KunathOlle Lindvall, Clare Blackburn und Roger Barker.

Überprüft und aktualisiert im Jahr 2016 von Malin Parmar.

Überprüft und aktualisiert im Jahr 2018 von Malin Parmar und Shane Grealish.

Die Übersetzung des Informationsblatts wurde durch das GermanStemCellNetwork (GSCN) im Jahr 2014 realisiert.

Aktualisierung übersetzt von Tanja Schmandt-Kappel.

Die erste Abbildung (aus embryonalen Stammzellen gezüchtete Neuronen) stammt von Sally Lowell
Die Abbildung der grün gefärbten Nervenzellen stammt von Tilo Kunath. Die Abbildung der Dopamin-produzierenden Zellen stammt von Tilo Kunath. Die Vervielfältigung erfolgte mit Erlaubnis von M. J. Devine, M. Ryten, P. Vodicka, A. J. Thomson, T. Burdon, H. Houlden, F. Cavaleri, M. Nagano, N. J. Drummond, J. W. Taanman, A. H. Schapira, K. Gwinn, J. Hardy, P. A. Lewis und T. Kunath, 2011: Aus Zellen von Parkinson-Patienten hergestellte induzierte pluripotente Stammzellen mit Verdreifachung des Genlocus für α-Synuclein, Nature Communications 2:440, doi:10.1038/ncomms1453.